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Der Bund, 6.Mai 1999
Die Avag exportiert nun doch

Die AG für Abfallverwertung (avag) will sich nun doch ans Deponieverbot halten. Vier Anlagen in den Kantonen Solothurn und Aargau sollen als Übergangslösung den Abfall übernehmen, den die avag ab nächstem Jahr nicht mehr deponieren darf.

Wenn ab nächstem Jahr in der Schweiz keine brennbaren Abfälle mehr deponierlt werden dürfen, dann stellt das die AG für Abfagverwertung (Avag) vor besondere Probleme: Sie entsorgt jährlich rund 90000 Tonnen brennbaren "Ghüder" aus dem Oberland und dem Gürbetal sowie Teilen des Aare- und Emmentals. Doch die geplante neue KVA in Thun ist frühstens 2004 in Betrieb. Wohin also mit dem Kehiicht ab dem Jahr2000?

Noch im Dezember war für die Avag klar: Der weitaus grösste Teil der 90000 Tonnen wird weiterhin in Jaberg abgelagert - Deponieverbot hin oder her. Lediglich 10 000 Tonnen wollte die Avag anderweitig entsorgen lassen. Ein anderes Szenarlo sah vor, den Avag-Kehricht zur Hälfte weiterhin zu deponieren und zur andern Hälfte zu exportieren. Mehr liege aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht drin, argumentierte der Verwaltungsrat an der Generalversammlung in Seftigen. Die externe Entsorgung wäre für die Avag "finanziell nicht tragbar", hiess es. Denn der Tonnenpreis würde von heute 185 auf rund 320 Franken ansteigen, rechnete die Avag vor.

Keine "Wunschlösung"
Fünf Monate später sind die Szenarien vom Dezember nur noch einstiges Wunschdenken. "Wir werden uns ans Deponieverbot" halten, sagte Avag-Direktor René Clausen gestern dem "Bund". Man habe in der Zwischenzeit erkannt, dass die aus wirtschaftlichen Überlegungen favorisierte "Wunschlösung" vom Bund nicht akzeptiert würde. Die Chancen, auch nur einen Teil des anfallenden Abfalls weiterhin deponieren zu dürfen, sagte Clausen, seien verschwindend klein deshalb das Umdenken. Das zeigt auch ein Entscheid des Bundesgerichts von Ende Jahr. Die Gemeinde Köniz, die ihre Deponie Gummersloch hätte weiterbetreiben wollen, blitzte damals in Lausanne deutlich ab.

Doch die Frage bleibt: Wohin mit den 90000 Tonnen brennbaren Abfällen aus den 150 Avag-Gemeinden, die ab dem 1. Januar 2000 nicht mehr deponiert werden dürfen? Die Antwort: Die Avag wird voraussichtlich 20000 Tonnen jährlich in der KVA im solothurnischen Zuchwil entsorgen. Weitere 50000 Tonnen gehen in Anlagen im Kanton Aargau: nach Oftringen, Buchs und Turgi. Und für die restlichen 10000 Tonnen will die Avag in Jaberg ein Ballenlager anlegen. Dort soll der Abfall gepresst und zu Ballen gewickelt in Spitzenzeiten so lange zwischengelagert werden, bis die vier Anlagen ihn wieder entsorgen können. Nur für "Notsituationen", wenn der Export länger ins Stocken geraten sollte, werde der Weiterbetrieb der Deponie für einen Teil des Abfalls noch ins Auge gefasst, sagte Clausen.

150 Franken für den Export
Diese Übergangslösung sieht die Avag für die nächsten vier Jahre vor. Bis dahin will sie in Thun ihre eigene KVA gebaut haben. Mindestens für die ersten zwei Jahre soll der Avag-Abfall ausschliesslich auf der Strasse über die Kantonsgrenzen transportiert werden. Der Transport per Bahn sei vorher nicht realisierbar. Zudem wäre er laut Clausen bedeutend teurer. Der KVA Zuchwil wird die avag 160 Franken pro Tonne bezahlen müssen, Transport inklusive, aber Kosten für zusätzliche Umladestationen nicht eingerechnet. In den Aargauer KVA sind es 150 Franken plus Transport. Zum Preis für die Fremdentsorgung von somit 150 bis 160 Franken pro Tonne rechnet die Avag 55 Franken Beiträge in verschiedene Fonds plus 55 Franken für Betriebs- und Verwaltungskosten hinzu. So wird der Tonnenpreis der Exporlösung auf 265 Franken zu stehen kommen laut Clausen wird das der höchste im Kanton Bern sein. Zum Vergleich: Für die geplante KVA Thun rechnet die Avag mit einem Preis von 230 bis 240 Franken.

Doch Clausen warnt vor voreiligen Schlüssen: Der Preis für die anvisierte Lösung sei nur deshalb im Rahmen, weil es sich dabei um eine Übergangslösung handle. Mit Bahntransport und ohne Ballenlager koste der Export bereits über 300 Franken. Die Aargauer KVA würden den Avag-Abfall zudem nicht unbefristet billiger als für die eigenen Gemeinden entsorgen. Clausen: "Wir wollen langfristig nicht jährlich 15 Millionen Franken wirtschaftlichen Nutzen in andere Kantone exportieren."

BENJAMIN ZURBRIGGEN


TALK TO US
11.05.1999