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BZ-Rund um Bern, 04. März 2003
Die Wanderwege der Abfallberge

Nach den Plänen des Kantons sollen 19 Berner Vorortgemeinden ihren Abfall nicht mehr in die nahe Stadt liefern. Der Ghüderberg wird auf Schnellstrassen wie auch auf verschlungenen Pfaden abgetragen.

19 Berner Vorortgemeinden sollen ab 2005 ihren Abfall nicht mehr in der Kehrichtverbrennung (KVA) Bern, sondern in der KVA Emmenspitz im solothurnischen Zuchwil entsorgen. Dies ist einer der wichtigsten Punkte des Sachplans Abfall, den der Kanton Bern den Gemeinden, Abfallregionen und KVA-Betreibern zur Mitwirkung zugestellt hat. Ende Januar lief die Vernehmlassungsfrist ab.

Unmittelbare Auswirkungen auf die Haushalte hat der neue Sachplan nicht. Martin Meyer vom zuständigen kantonalen Amt für Gewässerschutz hat die Vernehmlassung begleitet. Abgesehen von einigen Anmerkungen würden die Beteiligten den revidierten Plan positiv beurteilen, fasst er zusammen. Eine dieser Detailanmerkungen kommt aus Jegenstorf. Gemäss Bauverwalter Urs Käser ist man bereit, statt nach Bern nach Zuchwil zu liefern, will aber die gleichen Bedingungen haben.

Die Kewu triffts
Dass nicht grundsätzlich opponiert wird, erstaunt. Wenn der Kehricht aus der Berner Agglomeration ins Solothurnische gekarrt wird, ahnt man Leerlauf. Der Politiker Walter Bruderer, Präsident des "Forums Ostermundigen", möchte denn auch, dass man das Projekt nochmals ökologisch und finanziell überprüft.

Am meisten von der Umlagerung betroffen ist die Kehrichtentsorgung Worblental und Umgebung (Kewu). Im Auftrag von 13 Gemeinden betreibt diese im Hub im Krauchthal eine Kompostieranlage und Deponie. Brennbaren Abfall liefert sie nach Bern. Kewu-Präsident Jean-Pierre Mühlemann kontert die Kritik: "Die neue Ordnung verursacht keine unnützen Leerfahrten."

Leertransporte vermeiden
Der Hintergrund: Die Kewu liefert bereits jetzt einen Teil ihres Abfalls nach Zuchwil. Aber auch einiges von jenem Kehricht, den sie nach Bern transportiert, geht von dort in die Solothurner Gemeinde. Dies, weil die Berner KVA nicht immer allen angelieferten Abfall schlucken kann. Entsorgung ist keine Einbahnstrasse: Die Kewu übernimmt aus Zuchwil Schlacke. Diese gelangt in Containern via Eisenbahn und Lastwagen von Zuchwil zur Kewu. Auf dem Rückweg sind die Container leer. Wenn sie Berner Agglo-Kehricht transportieren, lässt sich das vermeiden.

Moderne Haushaltungen produzieren viel Abfall. Dieses Ghüdergebirge ist für Aussenstehende schwierig zu überblicken. Die Berner KVA zum Beispiel ist verpflichtet, den Kehricht der meisten Agglo-Gemeinden zu übernehmen. Reicht die Kapazität der Anlage nicht aus, wandert der Abfall weiter, zurzeit teilweise bis in die Ostschweiz. Wenn 2004 die KVA Thun ihren Betrieb aufnimmt, wird das nicht mehr nötig sein.

Abfallsünder
In den letzten Jahrzehnten ist der Schweizer Abfallberg ständig gewachsen. Die Konjunkturkrise hat diese Entwicklung gestoppt. "Die Kehrichtmenge ist an das Bruttosozialprodukt gekoppelt", erläutert Umweltexperte Martin Meyer. Die Schweiz entsorge ihren Abfall beinahe mustergültig, lobt er. Wer die überquellenden Abfallbehälter in den Strassen sieht, zweifelt vorerst daran. Solche Abfallsünden seien ärgerlich, gesamthaft gesehen aber nicht übermässig bedeutsam, entgegnet Meyer. Drei bis fünf Prozent der Abfallmenge würden so entsorgt.

Mehr Kummer bereiten ihm die "schwarzen Räuchlein". Vor allem in ländlichen Gebieten verbrenne man Kehricht im Ofen, erläutert er. "Da bauen wir moderne Verbrennungsanlagen, und daneben verpesten giftige Gase aus dem Hauskamin die Luft", ärgert sich Meyer.

Peter Steiger


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03.06.2003