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TT-Stadt Thun, 18. August 2004
Opposition bekam letztlich Recht

Am Freitag weiht die Avag ihre neue KVA in Thun offiziell ein. Das wird vor allem für Avag-Direktor René Clausen ein Feiertag: Er äussert sich zum Abbruch des SBA-Projekts, zu den Kosten und den Sackgebühren.

René Clausen, seit dem Standortentscheid für die Kleine Allmend in Thun bis zur jetzigen Einweihung der KVA sind 11 ereignisreiche Jahre vergangen. Sie müssen nun eine grosse Erleichterung spüren, oder?
René Clausen: Ja, das ist ganz sicher so. Einerseits, weil wir die Anlage überhaupt bauen konnten. Andererseits, weil der Bau ohne Zwischenfälle und Verzögerungen realisiert werden konnte.

Welches war der schwerste Moment?
Der Abbruch des Schwelbrenn-Projekts im Frühling 1998 war für mich persönlich und den ganzen Verwaltungsrat eine sehr schwierige Situation. Wir wollten mit viel Ehrgeiz und Hoffnung eine neue Technik einsetzen. Letztlich mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Technik ihre Praxistauglichkeit nicht rechtzeitig nachweisen konnte und das Risiko zu gross war.

Hat die Avag rückblickend zu lange auf die Schwelbrenntechnik gesetzt?
Wir hatten sehr grosse Erwartungen in den Weltkonzern Siemens gesteckt. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Heute kann man sicher sagen, dass wir durch einen rascheren Entscheid ein halbes Jahr hätten gewinnen können. Dies nachdem man sah, dass sich bei der Pilotanlage im deutschen Fürth grössere Probleme einstellten.

Wie viele Millionen musste die Avag für die SBA-Planung abschreiben?
Wir hatten Gesamtkosten von rund 27 Millionen Franken. 20 Millionen Franken bekamen wir nach intensiven Verhandlungen vom Siemens-Konzern zurück. Rund 5 Millionen konnten wir auf die Planung der neuen Anlage überschreiben. Den Rest erhielten wir vom Kanton als Finanzierungsbeihilfe für die bereits investierten Planungskosten, exklusive jener von Siemens. So verblieben der Avag letztlich keine zusätzlichen Abschreibungen.

Hätte die Opposition den Bau nicht verzögert, wären es wohl mehr gewesen ...
Nein. Ich gestehe der Opposition zu, dass sie durch die Aufgabe des SBA-Projekts letztlich Recht bekommen hat. Die Opposition stand dieser neuartigen Technik von Anfang an kritischer gegenüber als wir. Der Grund für den Abbruch basierte aber auf realen, wirtschaftlichen Grundlagen wie bei jedem unternehmerischen Entscheid.

Sind die damaligen Kritiker am Freitag ebenfalls zur Einweihungsfeier eingeladen?
Viele Einsprecher und Kritiker wie die Leiste der angrenzenden Quartiere und die zur Kontrolle eingesetzte Begleitgruppe sind dabei. Die Einladungen gingen an die entsprechenden Institutionen und nicht an bestimmte Personen, also auch nicht an frühere Exponenten des Gegnervereins Pro Regio Thun.

Ein Streitpunkt war bis zuletzt die Frage der Kapazitäten. Die KVA Thun kann 100 000 Tonnen pro Jahr verbrennen. Ist die Auslastung garantiert?
Ja. Denn die jetzige Kapazität ist für die Avag-Region ideal.

Wie wäre es, wenn wie einst geplant eine 150 000-Tonnen-Anlage gebaut worden wäre?
Damals war die Ausgangslage anders. Die Kapazität des Hauskehrichts inklusive Klärschlamm aus der Avag-Region hatten wir immer mit 100 000 Tonnen beziffert. Ursprünglich bekamen wir vom Kanton eine Verpflichtung, aus der Region Bern weitere 15 000 bis 25 000 Tonnen zuzüglich Klärschlamm zu übernehmen. Zusätzlich wollte der Kanton eine Reservekapazität einbauen, was dann die 150 000 Tonnen ergab. Nach Abbruch des SBA-Projekts entband sich die Avag von diesen Verpflichtungen und setzte auf eine kleinere KVA mit einer bewährten Rostfeuerung.

Die neue KVA hat bereits 60 000 Tonnen Abfall verbrannt. Wie viele Schadstoffe gelangen aus dem Kamin?
Einzelne verbindliche Messungen liegen bereits vor, diese erfüllen unsere Erwartungen. Im September verfügen wir über alle Resultate und werden diese dann der Öffentlichkeit auch vorstellen.

Werden die gesetzlichen Vorgaben eingehalten?
In der Baubewilligung sind die Garantiewerte des Herstellers enthalten, diese sind strenger als die gesetzlichen Vor- gaben der Luftreinhalteverordnung. Die Garantiewerte werden teils sogar markant unterschritten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diese guten Werte auch längerfristig beibehalten können.

Die KVA erzeugt nebenbei auch Wärme und Strom, mehr sogar als das Thuner Aarekraftwerk. Welchen Ertrag wirft das ab?
Etwa fünf Millionen Franken pro Jahr.

Die Anlage kostete insgesamt 190 Millionen Franken, was letztlich auch die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Ghüdersackgebühren finanzieren. Wie lange können Sie die heutigen Preise beibehalten?
Im Moment verrechnen wir 245 Franken pro angelieferte Tonne Kehricht. Der Preis für einen 35-Liter-Sack beläuft sich auf Fr. 1.90. Diese Preise haben wir für 2005 bereits festgesetzt. Nach Ablauf des ersten ganzen Betriebsjahrs werden wir es genau wissen. Eine Erhöhung ist eigentlich nur bei einem grösseren Anstieg der allgemeinen Teuerung zu erwarten, möglicherweise können wir die Preise aber auch senken. Noch ein Wort zu den Kosten für die KVA Thun: Ich rechne mit einem Schlussbetrag von 187 Millionen Franken. Dies inklusive der Teuerung von 4 Millionen. Damit werden wir den bewilligten Kredit um etwa 7 Millionen Franken unterschreiten können. Das ist bei einem Projekt in dieser Grösse nicht selbstverständlich.


Interview mit AVAG-Direktor René Clausen


TALK TO US
19.08.2004